janw.de - Unterwegs in Tschechien
 Ebersbach - Rumburk - Litoměřice - Děčín 24.04.2010 
Es ist ein Wochenende gegen Ende April und ich bin in Ebersbach (Sachs). Hier wartet bereits der 810, der mich hinüber nach Rumburk bringen wird, von wo es diesmal in einem großen Bogen weiter über Česká Lípa und Litoměřice nach Děčín gehen wird. Als ich vor fast zwei Jahren das letzte Mal hier war, sah der Ebersbacher Bahnhof noch anders aus: an der Westausfahrt standen noch Formsignale und für das Überschreiten der Gleise zwischen den Bahnsteigen brauchte es auch noch keinen beschrankten Bahnübergang (links am Bildrand zu sehen).

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810 217 als Os 6643 Ebersbach (Sachs) - Rumburk in Ebersbach (Sachs)

Neun Minuten dauert die Fahrt bis Rumburk. Unterwegs führt die Fahrt am nicht mehr befahrenen Bahnhof Jiříkov vorbei, einst Endbahnhof auf tschechischer Seite. Gestrichen wurde seit letztem Fahrplanwechsel auch der Halt in Rumburk zastávka.

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742 225 mit einem Güterzugbegleitwagen in Rumburk

Ankunft in Rumburk. Gegenüber vom hübschen Bahnhofsgebäude steht die kürzestmögliche Variante eines tschechischen Güterzuges (abgesehen von der Leerfahrt). Wie der Güterverkehr rund um Rumburk aussieht, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

Nach dem ich vor besagten zwei Jahren die heute nur noch am Wochenende befahrenen Südstrecken des Schluckenauer Zipfels abgefahren bin, wollte ich eigentlich erst wieder in dieser Gegend auftauchen, wenn man von Rumburk über Sebnitz nach Bad Schandau durchfahren kann. Andererseits gibt es seit dem letzten Fahrplanwechsel am Wochenende, aus Ebersbach kommend, einen durchaus attraktiven Anschluß an den Mittagsschnellzug von Rumburk über Česká Lípa nach Kolín und genau den werde ich heute nutzen.

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854 008 mit R 1110 Kolín - Rumburk in Rumburk, am Zugschluß 810 349 als Durchlauf Varnsdorf - Dolní Poustevna

Bei den R 1110 und 1115 gibt es die Besonderheit, daß sie im Abschnitt Rybniště - Rumburk den 810 oder 814.0 (was eben gerade fährt) von bzw. nach Varnsdorf mitnehmen, der ab Rumburk weiter nach Dolní Poustevna fährt bzw. von dort kommt. Dieses Bild wird es nur bis Dezember geben, da ab dann die Vogtlandbahn den Gesamtverkehr auf der KBS 089 Rybniště/Seifhennersdorf - Zittau - Liberec übernimmt.

Im 854 führt nun die Fahrt nach Süden. Ich mag diese Triebwagen, sie sind relativ geräumig, haben angenehme Sitze, Übersetzfenster statt Klimaanlage und einen Sound, der mich irgendwie immer an eine Sparversion einer 232 erinnert (und das obwohl die 854 nicht dieselelektrisch, sondern dieselhydraulisch angetrieben sind). Im nächsten Bahnhof Krásná Lípa zweigt die Verbindungsbahn nach Panský ab, in Krásná Lípa město (ein Bahnsteig mit Häuschen auf der gegenüberliegenden Ortsseite) fährt der Zug durch. In Rybniště wird der Regionova nach Varnsdorf abgehängt und auf den Gegenzug gewartet. Durch die Höhen des Lausitzer Gebirges und durch den bemerkenswerten Buchenwald hinter Chřibská führt die Fahrt hinauf nach Jedlová. Im Abzweigbahnhof der Strecke hinunter nach Děčín ist gerade nichts los, auch der Frühling läßt in der ganzen Gegend irgendwie noch ziemlich auf sich warten. Während die Nadelbäume schon frisches Grün zeigen, sind die Laubbäume alle noch im Winterschlaf. Ein paar Kilometer südlich ab Svor sieht die Sache schon zunehmend anders aus.

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Bahnhofsgebäude von Svor

Das große Bahnhofsgebäude mag an frühere Zeiten erinnern: von 1886 bis 1986 führte von Svor eine Nebenbahn nach Jablonné v Podještědí zur Strecke Česká Lípa - Liberec, deren Personenverkehr bereits 1973 eingestellt wurde. An der Südausfahrt von Svor ist der Streckenabzweig noch zu erkennen, die Strecke selbst ist aber abgesehen von Bahndammresten nicht mehr vorhanden.

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814 096 als Os 6029 Svor - Česká Lípa hl.n. in Svor

In Svor steht auch noch ein Regionova und wartet auf seinen nächsten Einsatz. Etwa 120 der geplanten 130 Triebwagen, die als Umbauten aus 810 und deren Beiwagen entstanden, sind bis jetzt ausgeliefert (für Děčín sind 12 Triebwagen vorgesehen) und haben für einen sichtbaren Rückgang der originalen 810 im umliegenden Bergland östlich der Elbe gesorgt. Zum letzten Fahrplanwechsel sind die Strecken Děčín - Česká Lípa - Liberec als Einsatzgebiet hinzugekommen und auch auf der KBS 080 in Richtung Doksy sind die Regionovas nun im Einsatz. Lediglich zwischen Česká Lípa und Lovosice trifft man sie bisher nicht an.

Über Nový Bor, wo sich der bisher relativ leere Schnellzug entgültig zu füllen beginnt, führt die Fahrt weiter nach Česká Lípa. Bevor man dort den Hauptbahnhof erreicht, wird nochmal in der Plattenbausiedlung Česká Lípa-Střelnice gehalten. Die Hoffnung auf eine Brejlovec in Česká Lípa hl.n., d.h. auf einen zweiten Diesellok-Umlauf bei den Schnellzügen Ústí nad Labem - Liberec, erfüllt sich heute nicht, anstatt einer 750 erscheint der planmäßige 854.

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854 218 als R 1161 Ústí nad Labem hl.n. - Liberec in Česká Lípa hl.n.

Die nächste Etappe führt nun über den mittleren Teil der Nordböhmischen Transversalbahn Teplice - Lovosice - Česká Lípa - Liberec (heute KBS 097, 087 und 086). Zwischen Česká Lípa und Lovosice fahren 810 mit Beiwagen im Zweistundentakt, ab Litoměřice horní n. wird der Takt durch einzeln fahrende Brotbüchsen verdichtet (auf dem kurzen Teilstück sind zwei Umläufe unterwegs). In Česká Lípa hl.n. fahren die gut besetzten Züge von der Bahnhofsostseite ab. Für den Ortsunkundigen mag zunächst irreführend sein, daß die Bahnstrecke noch weiter östlich als die nach Liberec aus dem Bahnhof ausfädelt und erst ein paar Meter später in einer großen Kurve nach Südwesten schwenkt und dabei alles an Gleisen überquert, was es dort zu überqueren gibt. Kurz vor dem hübsch hergerichteten Bahnhof Zahrádky u České Lípy wird auf einer langen Brückenkonstruktion über das Tal des Robečský potok, der westlich von Česká Lípa in die Ploučnice fließt, gefahren. Ab Stvolínky beginnt die Bahn eine halbe Umkreisung des 552 m hohen Berges Ronov, bei Kavaře v Čechách hat der 810 mit dem vollbesetzten Zug hörbar mit der Steigung zu tun. In Blíževedly kommt der Gegenzug entgegen - 810 419(?) mit "Blümchenwerbung" und Beiwagen. Nach Dubičná wird die Stadt Úštěk erreicht, wobei hier der unmittelbar an den Bahnhof grenzende See Chmelař sofort ins Auge fällt. Außerdem war hier gerade die dunkelblaue 740 692 von KŽC abgestellt. Auf Liběšice folgt Horní Řepčice, wo es neben knubbelig-runden Laternen auch wieder viele Blümchen am Bahnhof gibt. Die nächsten Kilometer über Ploskovice, Trnovany u Litoměřic bis Litoměřice horní n. sind schnell erzählt: die Bahn führt mehr oder weniger auf halber Höhe durch Wiesen und Felder. Interessante Dinge gibt es eher nur am Horizont zu sehen, nämlich diverse Berge. Kurz vor Litoměřice führt dann eine lange Gerade talwärts, am oberen Bahnhof der Stadt steige ich aus.

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810 014 mit Os 6110 Česká Lípa hl.n. - Postoloprty in Litoměřice horní n.

Litoměřice wird von diversen Reiseführern als eine der schönsten Städte Böhmens beschrieben, was ich durchaus bestätigen würde. Und wenn man schon mal da ist und genug Zeit ist, kann man auch vom oberen Bahnhof durch die Innenstadt hinunter zum Stadtbahnhof laufen (gemütlich in 30 Minuten zu schaffen), um von dort auf der Ostseite der Elbe wieder nach Norden zu fahren. Die Alternative dazu wäre die Weiterfahrt bis Lovosice und dann auf der Westseite des Flusses die KBS 090 entlang.

Am südlichen Stadtrand von Litoměřice gibt es noch etwas interessantes zu sehen, hier mündet nämlich die Ohře (Eger) in die Labe (Elbe). Unmittelbar an dieser Stelle liegt auch eine Haltestelle der lokalen Ausflugsschifffahrt.

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Mündung der Ohře (Eger) in die Labe (Elbe) am Stadtrand von Litoměřice

Während das Bild oben entstand, rollt eine ER 20 von MRCE (für OKDD) mit Getreidewagen in Richtung Ústí nad Labem, was mich darauf bringt, in der noch verbleibenden Zeit auf dem Stadtbahnhof etwas Fuzzen zu gehen. An sonnigen Nachmittagen ist Litoměřice město aufgrund des Sonnenstandes jedoch nur für nordwärts fahrende Züge zu gebrauchen. Als ich auf dem Bahnsteig stehe, rollen nach Murphys Gesetz nun natürlich erstmal vier Züge im Blockabstand und vollsten Gegenlicht in Richtung Süden, nach Norden kommt gar nichts. Auch zunächst nicht der Schnellzug von Kolín nach Ústí nad Labem západ, mit dem die Reise weitergehen soll. Schließlich trifft er mit 20 min Verspätung ein - irgend etwas war mit der Lokomotive, so die Durchsage.

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163 092 mit R 718 Kolín - Ústí nad Labem západ in Litoměřice město

Die nächsten Minuten im Zug bin ich erstmal mit der weiteren Fahrtplanung beschäftigt. Mit den 20 min Plus ist der Zug überschlagsweise erst um 17.30 Uhr in Ústí nad Labem západ und um 17.43 Uhr fährt der EC 170 vom Hauptbahnhof in Richtung Dresden. Die Brotbüchse aus Bílina als schnellste Verbindung vom Westbahnhof dorthin wartet nicht und ist da längst weg. Wenn ich also durch die Stadt renne und der EC 170 genug Verspätung hat, könnte das vielleicht noch funktionieren... Fast schon unnötig, zu erwähnen, daß der EC 170 heute überpünktlich aus Praha heraus ist (echt toll, dieses mobile Internet) und ich das ganze schon mit "Och nö..." zusammenzufassen beginne. Nun gut, es ist ja nicht der letzte Zug des Tages.

In der Zwischenzeit rollt der R 718 das Elbtal hinab und vor dem, was da kommen mag, bleibt erstmal noch etwas Zeit, die Landschaft zu genießen.

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Elbtal nördlich von Sebuzín mit der KBS 090 Praha - Děčín am anderen Ufer (Blick nach Norden), der Ort im Hintergrund ist Ústí nad Labem-Brná

Der Schnellzug rollt in Ústí nad Labem-Střekov ein - und die Brotbüchse nach Děčín steht noch da und wartet! Egal, wie schnell die noch ist, diese Option ist in jedem Fall besser als durch Ústí nad Labem zu rennen, also raus aus dem Zug und fliegender Wechsel. Zwischen Ústí nad Labem und Děčín ist die Ostelbstrecke sowieso interessanter (weiter südlich ist es eher umgekehrt). Als wir schließlich mit +10 losfahren, fällt mein Blick noch auf einen bisher vom R 718 verdeckten Güterzug mit zwei 741.5 von OKDD davor. Schnell entsteht noch ein Bild durch die saubere Scheibe des Triebwagens.

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OKDD 741 506 (ex 740 835) + 741 508 (ex 740 878) mit Güterzug in Ústí nad Labem-Střekov, im Hintergrund ist die gleichnamige Burg zu sehen

Die neun Lokomotiven der Baureihe 741.5 sind Umbauten von ČZ LOKO aus Industrieloks der Baureihe 740. Die dieselelektrischen Maschinen bekamen u.a. eine geänderte Antriebsübersetzung, die sie - analog zur Baureihe 742 - nun 90 km/h statt früher 70 km/h schnell macht. Bei fast allen Loks wurde (zum Teil noch nachträglich zum eigentlichen Umbau) der kürzere Vorbau in der Höhe halbiert, was den Maschinen ein ungewöhnliches Äußeres verleiht. Die 741.5 gehören seit der Übernahme von Viamont Cargo zu OKD Doprava (OKDD) und sind, zum Teil in Doppeltraktion, u.a. auf den Güterstrecken Nordböhmens rund um Ústí nad Labem anzutreffen.

Showdown im Elbtal: eine Brotbüchse gegen den Eurocity HUNGARIA. Unter (glücklicherweise) Auslassung sämtlicher Bedarfshalte fliegt 810 199 auf der KBS 073 nach Norden. Der prüfende Blick ans andere Ufer: Der EC 170 hat uns bisher nicht überholt, doch der Zug ist im Vorteil, da er nicht noch den Umweg im Děčíner Osten vor sich hat. Die beiden Ex-Viamont-753.7 von OKDD, nach wie vor in ihrer Viamont Cargo-Lackierung unterwegs, stehen irgendwo im Gewusel der dortigen Gütergleise und werden noch spontan aus dem fahrenden Triebwagen abgelichtet.

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OKDD 753 723 (ex 753 052) + 753 724 (ex 753 168) mit einem Kesselwagenzug in Děčín východ

Děčín východ und es ist 17.55 Uhr. Das ist knapp ohne Ende, kann mit etwas Glück aber noch reichen! Dann über die Elbbrücke - vorher herunter auf 30 km/h. Immerhin: fünf Minuten hat der kleine Triebwagen bis hierher wieder herausgeholt. Die 90 Grad-Kurve in den Děčíner Hauptbahnhof - und Jožin alias 371 002 steht mit dem HUNGARIA am Bahnsteig - der EC 170 war schneller, aber er wartet! Ein Sprint durch die Unterführung und rein in den Zug, Pfiff, Tür zu und Abfahrt. :-)

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