janw.de - Unterwegs in Tschechien
 Von Regensburg in den Böhmerwald 21.-23.02.2010 
Regensburg, Ende Februar 2010. Die Stadt an der Donau wird heute der Ausgangspunkt für eine Rundfahrt in Richtung Böhmerwald sein. Über Schwandorf und Furth im Wald führt die Fahrt zunächst nach Domažlice, weiter über den westlichen Teil der KBS 185 und Klatovy in das Böhmerwaldvorland, um schließlich das Mittelgebirge zu durchqueren und über Bayerisch Eisenstein letztendlich wieder in Regensburg anzukommen.

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VBG 183 002 mit ALX 87011 Regensburg Hbf - München Hbf in Regensburg Hbf - am anderen Zugende steht VBG 223 071

Bevor es nach Tschechien geht, bleibt noch etwas Zeit, sich auf dem Regensburger Hauptbahnhof umzusehen. Die fotogensten Züge sind hier unzweifelhaft die Arriva-Länderbahn-Expresse - kurz ALEX bzw. ALX, die von hier aus nach München, Hof und Praha fahren. Bespannt werden die Züge mit ER 20 der Baureihe 223 (seit 2009 ohne Lokwechsel bis ins tschechische Plzeň) und den E-Loks der Baureihe 183. Letztere sind im Wesentlichen eine reine Wechselstrom-Variante der Baureihe 1216 der ÖBB.

Wer sich gleich wundert, wie dieselbe Lok wie oben "zeitgleich" auf einem anderen Gleis stehen kann: die Bilder sind diesmal an mehreren Tagen entstanden und zugunsten eines roten Fadens entsprechend kombiniert.

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VBG VT 25 (642 325) als VBG 81916 Regensburg Hbf - Weiden (Oberpf) und VBG 183 002 in Regensburg Hbf

Wir verlassen Regensburg jedoch nicht mit dem ALX, sondern mit der Vogtlandbahn. Nach einer halben Stunde erreichen wir Schwandorf, wo schon einer der gelben Regioshuttle der Oberpfalzbahn zum Umstieg wartet. In Cham (Oberpf) wird zufällig mit einer 232 und einem Autotransportzug aus Tschechien gekreuzt, im Bahnhof steht auch die NE81-Garnitur der Regentalbahn. Insgesamt eine weitere Stunde später ist der deutsche Grenzbahnhof Furth im Wald erreicht. Hier stehen schon die nächsten Autotransportwagen, diesmal noch mit zwei tschechischen 742 davor. Da die Zeit zum Umstieg knapp ist, reicht es hier nur für einen kurzen Schnappschuß in Richtung der östlichen Bahnhofsausfahrt.

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810 182 als Os 20193 Furth im Wald - Domažlice in Furth im Wald

Es geht weiter in der allseits beliebten Brotbüchse. Diesmal ist es ein Exemplar, welches noch die originalen Sitzbänke, aber neu mit schicken roten Velours bezogen, aufweist. Es gibt unzählige Varianten, wie die 810 herumfahren. Neben den klassischen Lederbezügen (schon langsam selten) gibt es den roten Bezug auch sehr ähnlich in blau. Einige 810 haben auch eine neue Bestuhlung ähnlich den Regionovas erhalten, allerdings in der Anordnung 2+3. Letztere findet man u.a. im Kreis Karlovy Vary (z.B. 810 406).

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810 182 von innen

Nach der Überquerung der Grenze wartet in Česká Kubice der nun dritte Güterzug - slowakische Schotterwagen, wiederum mit zwei 742. Ich hatte nicht erwartet, auf dieser Strecke einen derartigen Güterverkehr vorzufinden. Nach einem kurzen Halt in Babylon und Domažlice mesto erreicht der 810 nun den "Hauptbahnhof" von Domažlice, der sich allerdings abseits vom Stadtzentrum im Südosten der Stadt befindet. Meine Hoffnung auf eine Brejlovec vor dem Os nach Plzeň erfüllt sich leider nicht, stattdessen fährt der nächste Zug mit einem 854 der ersten Umbauserie (erkennbar an den Lampeneinfassungen) und zwei passenden Beiwagen.

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854 010 als Os 7413 Domažlice - Plzeň hl.n. in Domažlice

In Domažlice stehen auch gerade zwei weitere 742 von ČD Cargo herum und warten auf die Dinge, die da kommen werden.

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742 242 und 742 067 in Domažlice

Für den folgenden Teil der Fahrt war ich zuerst auf einen Regionova eingestellt. Ein Blick ins Kursbuch ließ mich jedoch stutzig werden, fehlte beim Os 17547 doch das Regionova-typische Rollstuhlsymbol. Dann wird es wohl eine Brotbüchse sein... oder doch nicht etwa ein 831? Ich hatte gehofft, in Klatovy einen vor die Linse zu bekommen, doch daß mich schon einer in Domažlice "abholen" würde, damit hatte ich nicht gerechnet.

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831 167 als Os 17547 Domažlice - Klatovy in Domažlice, im Hintergrund sieht man noch den Turm der Chodenburg (Chodský hrad)

Also dann... mit der Nähmaschine durch den winterlichen Böhmerwald bzw. wenigstens außen herum! Der Triebwagen - wenn ich richtig gesehen habe, sogar mit einer Revision von Ende 2009 - war innen in einem absolutem Topzustand. Von 1981 bis 1991 wurden 41 Triebwagen der Baureihe 830 u.a. mit neuen Motoren modernisiert und zur Baureihe 831. Etwa ein Dutzend dieser Triebwagen sind noch von Klatovy aus im Böhmerwald und von Šumperk aus im Altvatergebirge unterwegs, der originale 830 159 kommt hin und wieder von Děčín aus zum Einsatz.

Der Triebwagen verläßt Domažlice in südöstlicher Richtung. Kurz darauf wird bei Smolov (kein Bahnhof) ein interessanter Steinbogenviadukt überquert. Die Strecke schlängelt sich nun mehr oder weniger durch die Landschaft, Spáňov, Kout na Šumavě und Starec sind die nächsten Haltepunkte. Erst in der Kleinstadt Kdyně findet wieder ein größerer Fahrgastwechsel statt. Die Reise geht weiter durch den Schnee, der nächste Halt ist Chodská Lhota. Entlang des westlichsten Abschnitts der Böhmisch-Mährischen Transversalbahn, auf der wir die ganze Zeit entlang zuckeln, finden sich einige hübsche Stationsgebäude. In Dobříkov na Šumavě hielt der Triebwagen so günstig, daß es für ein brauchbares Bild durch das Fenster gereicht hat.

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Bahnhof Dobříkov na Šumavě

Die Fahrt geht weiter in Richtung Loučim. Fast schon mühsam fährt der 831 hier an. Die nächsten Minuten zeigt sich beim Blick nach Süden der Böhmerwald am Horizont.

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Blick aus dem Zug in Richtung Böhmerwald - irgendwo zwischen Loučim und Pocinovice

Ein weiteres hübsches Bahnhofsgebäude findet sich in Pocinovice. Witzigerweise steht vierunddreißig Eisenbahnkilometer weiter östlich fast dasselbe Gebäude nochmal, man findet es in Nemilkov. Ab Úborsko wendet sich die Strecke nach Norden, es folgt noch Dubová Lhota, dann treffen wir auf die aus dem Böhmerwald kommende KBS 183 und erreichen den Kreuzungsbahnhof Janovice nad Úhlavou. Der Bahnhof mit dem relativ großem Gebäude ist unter Eisenbahnfreunden als Motiv bekannt, hier finden sich noch einige der letzten alten Formsignale. Außerdem kommt hier der Gegenzug in Form eines 810 mit Beiwagen entgegen. Fast schnurgerade führt die Strecke nun an Bezděkov u Klatov vorbei auf Klatovy zu. Wir sind ein bißchen spät dran, so daß sofort nach der Ankunft in Klatovy der Umstieg in den noch wartenden Anschlußzug nach Plzeň erfolgt. Ich sehe aber noch: vorn ist etwas weiß-blaues am Zug.

Während der Fahrt durch das Böhmerwaldvorland mit Halten in Točník und Dehtín kämpfe ich mich gegen widerspenstige Wagenzwischentüren durch den kaum besetzten Zug in Richtung Lok vor, um beim nächsten Bahnhof aus dem ersten Wagen aussteigen zu können und so genügend Zeit für ein Bild zu haben. Mir war jedoch entgangen, daß Švihov u Klatov sowieso Kreuzungshalt ist, somit blieb mehr als genügend Zeit für die folgende Aufnahme.

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242 220 mit Os 7521 Klatovy - Plzeň hl.n. in Švihov u Klatov

Die Lok ist eine der ersten 242, die im neuen Najbrt-Farbschema der České dráhy unterwegs sind. Das neue Corporate Design ist benannt nach dem entwerfenden Designstudio aus Praha und erfreut sich unter Eisenbahnfreunden geteilter Meinung. Zum einen sieht die neue Farbgebung an einigen Triebfahrzeugen ziemlich gewöhnungsbedürftig aus, zum anderen ist der Einheitslack der Anfang vom Ende dessen, was die Tschechische Staatsbahn über Jahrzehnte ausgemacht hat: Eine bunte Eisenbahn, voll mit individuellen, zum Teil liebevoll von Eisenbahnern geschaffenen Farbexoten und Einzelstücken (man denke speziell an die 754 aus Brno oder an mit Rallyestreifen verzierte Brotbüchsen).

Wie es der Zufall so will, kommt auch der Gegenzug mit einer 242 im Najbrt-Look daher. Nicht, daß ein falscher Eindruck entsteht: So verbreitet ist das neue Farbschema nun auch wieder nicht - zumindest noch im Moment. Eine weitere blau-weiße Lok ist übrigens 242 244, die ebenfalls im Umkreis von Plzeň zu finden ist.

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242 250 mit Os 7516 Plzeň hl.n. - Klatovy in Švihov u Klatov

Švihov ist der nördliche Wendepunkt dieser Reise, hier gibt es nämlich etwas Spezielles zu sehen. Verläßt man den Bahnhof, findet man sich nur wenige Meter später vor dem folgenden Panorama wieder.

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Blick auf Švihov

"Die Wangen sind mit Asche beschmutzt, doch der Schornsteinfeger ist es nicht. Ein Hütchen mit Federn, die Armbrust über der Schulter, aber ein Jäger ist es nicht. Zum dritten: Ein silbergewirktes Kleid mit Schleppe zum Ball, aber eine Prinzessin ist es nicht..."
*

Die spätgotische Wasserburg Švihov, eine nie eingenommene und später umgebaute Festung aus dem 14. Jahrhundert, war neben Schloß Moritzburg und den Barrandov Studios in Praha im Jahr 1973 einer der Drehorte für den bekannten Märchenfilm Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (Tři oříšky pro Popelku). Die Burg bekam seinerzeit einige Kulissenanbauten, die heute so nicht mehr existieren, der Hof, auf dem der Prinz am Ende jedoch sein Aschenbrödel in die Arme nimmt, befindet sich jedoch immer noch direkt hinter dem kleineren Turm der Vorburg am linken Bildrand. Vom Bahnhof läuft man etwa 20 min bis zur Burg, einfach die Hauptstraße nach Norden, dann über die Úhlava-Brücke in den Ort hinein, am Rathaus vorbei (das Haus mit dem eckigen Türmchen im Bild) dann etwas links halten - es ist nicht zu verfehlen.

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Bahnhof Švihov von der Straßenseite

Wieder zurück am Bahnhof, führt die Fahrt mit dem nächsten Schnellzug zurück nach Süden. Schon von weitem sieht man die Wahrzeichen von Klatovy, den Schwarzen Turm und daneben die Jesuitenkirche, während der Zug in einem Bogen auf die Stadt zufährt. In Klatovy ist Lokwechsel, die rot-beige 242 spannt ab und eine blaue Blitzbrille der Baureihe 754 setzt sich vor den Zug. Hinter Janovice nad Úhlavou wird die Úhlava überquert, in Petrovice nad Úhlavou fahren wir durch. Führte die Fahrt bisher durch das mehr oder weniger flache Böhmerwaldvorland, ändert sich die Situation ab Nýrsko. Es geht hinauf in den Šumava (Böhmerwald), die Strecke wird nun zu einer in Hanglage verlaufenden Gebirgsbahn. Man hat die Wahl zwischen dem Ausblick auf die Berge und tiefen Täler oder man sucht sich einen Platz im hinteren Teil des Zuges und schaut der Brejlovec in den zahlreichen Kurven zu. Auf Dešenice und Zelená Lhota folgt Hamry-Hojsova Stráž mit seinem schicken Bahnhofgebäude in Rosa. Ein paar hundert Meter hinter Hojsova Stráž-Brčálník wird der 1747 m lange Špičák-Tunnel durchfahren, hinter dem sich der mit 840 m über dem Meeresspiegel höchstgelegene Bahnhof der Strecke befindet - Špičák. Von nun an geht es wieder talwärts, der nächste Bahnhof Železná Ruda město befindet sich direkt an einem Skihang, die ganze Gegend ist ein bekanntes Wintersportgebiet. Der Zug fährt noch einmal durch einen kleinen Tunnel, umrundet Železná Ruda regelrecht und hält am gegenüberliegenden Ortsende noch einmal am Haltepunkt Železná Ruda centrum. Anschließend wird die Stadt verlassen und es folgen noch die letzten drei Kilometer bis zum Endbahnhof Železná Ruda-Alžbětin. Hier wartet schon der nächste Gegenzug auf seine Abfahrt.

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754 058 mit R 964 Praha hl.n. - Železná Ruda-Alžbětin in Železná Ruda-Alžbětin/Bayerisch Eisenstein

Der Grenzbahnhof Železná Ruda-Alžbětin/Bayerisch Eisenstein ist ein gewisses Kuriosum, führt hier doch die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien mitten durch das große Bahnhofsgebäude. Die 754 des Schnellzuges hält zwar in Tschechien, setzt aber über deutsches Staatsgebiet um.

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754 058 mit R 971 Železná Ruda-Alžbětin - Praha hl.n. in Železná Ruda-Alžbětin/Bayerisch Eisenstein

Das letzte Stück der Fahrt ist schnell erzählt. Von Bayerisch Eisenstein geht es mit den Regioshuttles der Waldbahn hinunter nach Plattling, wo eine 111 mit ein paar n-Wagen wartet. Während allmählich die Sonne untergeht, fahren wir wieder nach Norden, der Böhmerwald bzw. hierzulande der Bayerische Wald bleibt noch lange als Kulisse zu sehen. In der beginnenden Dunkelheit erreichen wir Regensburg, wo diese Reise auch ihr Ende findet.

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VBG 183 001 mit ALX 87019 Regensburg Hbf - München Hbf in Regensburg Hbf

(* aus Drei Haselnüsse für Aschenbrödel)

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