janw.de - Unterwegs in Tschechien
 Von Františkovy Lázně nach Plzeň und zurück 15.03.2009 
Mitte März habe ich mich mal ein wenig entlang des westlichen Teils der KBS 170 Cheb - Plzeň - Beroun (- Praha) umgesehen. Es ist eine Strecke voller Gegensätze. Während man im Umkreis von Cheb und Plzeň durch eher weitläufige Landschaften fährt, so wird die Strecke in ihrem Mittelteil im Tal der Mže fast zu einer Gebirgsbahn. Auch durch ihre Bauarbeiten ist die Strecke bekannt geworden, auf der KBS 170 blieb bzw. bleibt derzeit kein Schotterstein auf dem anderen. Schon seit längerer Zeit wird die gesamte Strecke zwischen Cheb und Plzeň (ein Transitkorridor) mit riesigem Aufwand saniert, was mehr oder weniger einem Neubau gleichkommt. Hier erhält man einen deutlichen Eindruck von dem, was die Tschechische Staatsbahn bzw. ihr Infrastrukturunternehmen unter Modernisierung verstehen und was sich früher oder später wohl auch in anderen Landesteilen ausbreiten wird. Kurz: Die KBS 170 ist nicht unbedingt etwas für Eisenbahnromantiker. Wer verträumte böhmische Nebenbahnen sucht und dem sich Charme eigentlich vergangener Zeiten hingeben möchte, dem sei die Strecke von Karlovy Vary nach Merklín empfohlen oder eine Fahrt von Cheb in Richtung Luby. Auf der Hauptbahn zwischen Cheb und Plzeň regiert jedoch weitgehend die Moderne und das mit mit viel Beton. Doch der Reihe nach...

Unsere Fahrt beginnt in Františkovy Lázně. Das liegt zwar nicht an der KBS 170, aber hier beginnen die Schnellzüge, die weiter über Cheb und Plzeň nach Praha fahren. Zum Einsatz kommen hier Zuggarnituren durchaus stattlicher Länge aus guten alten Schnellzugabteilwagen, gezogen von Plzeňer Loks der Baureihe 242. Da auf dem Weg nach Praha eine Stromsystemgrenze überschritten werden muß, wird in Plzeň auf Mehrsystemloks der Baureihe 363 umgespannt. Doch das war nicht immer so. Vor ein paar Jahren gab es jenen Lokwechsel noch nicht und ehe ich hier die 242 211 mit dem R 761 Františkovy Lázně - Praha hl.n. im Regen zeige, greife ich mal ins Archiv und bringe zum Anfang mal eine 363 in Františkovy Lázně - die Zuggarnitur und die Lok sehen übrigens heute noch genauso aus.

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363 082 mit R 755 Františkovy Lázně - Hradec Králové in Františkovy Lázně, 26.09.2004

Während die Tschechische Staatsbahn auf recht eindrucksvolle Weise die Fähigkeiten ihrer Zugheizungen demonstriert, rollen wir bei 5°C Außen- und gefühlten 30°C Innentemperatur los, überqueren bald darauf den großen Ohřeviadukt und erreichen Cheb. Ab hier beginnt nun die KBS 170. Kurz hinter dem Haltepunkt Cheb-Všeboř überqueren wir die Talsperre Jesenice, die noch für eine Weile in Sichtweite bleiben wird. Die nächste Zeit führt die Fahrt erstmal mehr oder weniger querfeldein durch die Gegend. Wer den Betonbahnsteig und die Schallschutzwand von bzw. bei Cheb-Všeboř noch für einen Einzelfall gehalten hat, dem wird spätestens in Lipová u Chebu deutlich klar, was in Tschechien unter Vollmodernisierung einer Bahnstrecke zu verstehen ist.

In Lázně Kynžvart befindet sich am Bahnhof noch eine große Holzverladeanlage, an der so mancher Modellbauer sicher seine Freude hätte. Mittlerweile seit Cheb etwa eine halbe Stunde unterwegs, erreichen wir nun den bekannten Kurort Mariánské Lázně mit seinem durchaus prächtigen Bahnhofsgebäude. Hier lohnt sich ein Bild aus dem Fenster, denn auf einem der Nachbargleise steht etwas Interessantes...

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242 256 mit dem späteren Os 7374 Mariánské Lázně - Cheb und Schlußlok 242 239 in Mariánské Lázně

Die 242er mögen im tschechischen Wechselstromnetz relative Allerweltsloks sein, jedoch tragen nur sieben der einst sechsundachzig gebauten Loks eine dunkelrote Farbgebung mit gelbem Latz an den Stirnseiten: es sind 242 202, 203, 208, 209, 239, 242 und 242 256. Nur letztere besitzt zusätzlich noch beige lackierte Türbereiche und ist somit ein einzigartiger Farbexot.

Man sieht es im Hintergrund schon: in Mariánské Lázne war allerlei Bauzugmaterial abgestellt. Unter anderem stand auch gerade eine 720 der Elektrizace železnic Praha (EŽ) herum, diesen Dieselloktyp kennt man hierzulande auch als V 75 bzw. DR-Baureihe 107. Bauzüge der EŽ trifft man entlang der KBS 170 immer wieder an, in Stříbro konnte in diesem Zusammenhang auch 740 559 gesichtet werden.

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720 539 mit einem Bauzug in Mariánské Lázně

Nach wir mit dem Schnellzug Chodová Planá, bekannt durch seine über 400 Jahre alte Brauerei, passiert haben, ist der nächste Halt des Zuges Planá. Kurz vor dem Ortseingang kann man auf der in Fahrtrichtung linken Seite die Kirche und einen hübsch restaurierten Häuserkomplex mit Türmchen auf den Ecken sehen (keine Ahnung, was das ist). In Planá warten wir noch auf die Brotbüchse aus Tachov, anschließend geht die Fahrt weiter. Nach ein paar Kilometern biegen wir nun in das Tal der Mže ein. Die nächste Zeit verläuft die schon seit Lipová u Chebu eingleisige Strecke mit gebirgsbahnähnlicher Trassierung in gehobener Hanglage durch endlos erscheinende Wälder. Pavlovice ist einer der letzten Bahnhöfe entlang der Strecke, welcher sich noch im nahezu unberührten Zustand präsentierte. Auch das wird sich ändern, ob man das positiv oder negativ sehen will, ist Ansichtssache. Ab Svojšín, gleichzeitig Abzweigbahnhof der Nebenbahn nach Bor, präsentiert sich die Strecke bis Plzeň nun bereits im vollständig modernisierten Zustand.

Der nächste Halt unseres Schnellzuges ist Stříbro. Aus dem Zug ist die die größtenteils gegenüber des Flußufers auf einem Berg liegende Stadt hübsch anzusehen. (Ein Bild folgt weiter unten.) Spätestens ab hier ist der Zug auch richtig voll und wir sind nun mit meist 100-120 km/h unterwegs. Wir durchfahren bald darauf Pňovany, den mitten im Wald gelegenen Abzweigbahnhof der Strecke nach Bezdružice. Auch hier ist kein Stein auf dem anderen geblieben, auffällig sind die langen Überholgleise (die gab es aber schon immer). Ab hier ist die Strecke auch wieder zweigleisig.

Es ist nun nicht mehr weit bis Plzeň, aus dem engen Tal ist wieder eine hügelige Landschaft geworden und hier und da sieht man schon erste hellgrüne Wiesen - der Frühling ist da! In Plzeň angekommen, durchfahren wir zunächst das Industrieareal der Škoda-Werke. In Plzeň-Jižní předměstí (Südvorstadt) halten wir nicht, jedoch gibt es hier eine hübsch restaurierte Häuserzeile, die ein netter Zugmotivhintergrund sein könnte. Der Zug überquert noch die Radbuza, die sich kurz darauf mit der Mže zur Berounka vereinigt, dann sind wir in Plzeň hl.n. (Hauptbahnhof) angekommen, streckentechnisch Ende der Reise - für heute.

Während unser Schnellzug seine 363 bekommt und dann weiter nach Praha fährt, sehen wir uns wenig im Bahnhof um. Ich hatte gehofft, hier etwas Spezielles vor die Linse zu bekommen: eine der blauen Plzeňer Blitzbrillen. Und siehe da, gleich zwei dieser Loks stehen gerade im Bahnhof herum. Hier ist eine davon...

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754 059 mit Os 7416 Plzeň hl.n. - Domažlice in Plzeň hl.n.

Die insgesamt acht 754er, die diese hübsche Lackierung tragen (754 006, 019, 020, 024, 027, 029, 058 und 059), sind alle in Plzeň beheimatet und auf den dortigen Dieselstrecken im Einsatz. Mit den Schnellzügen Praha - Plzeň - Nürnberg/München kommen sie im Moment auch noch bis Furth im Wald in Deutschland. In derselben Lackierung ist auch noch die 750 333 bei ČD Cargo im Einsatz, sie ist in Nymburk stationiert.

Eine Kuriosität des Plzeňer Hauptbahnhofs ist eine teilweise verblüffende Ähnlichkeit mit dem Hauptbahnhof von Halle (Saale). Sowohl die Anlage der Bahnhöfe mit dem Hauptgebäude in der Mitte, der Vorplatz als auch die Architektur des Bahnhofsgebäudes selbst zeigen aus bestimmten Perspektiven erstaunliche Übereinstimmungen.

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242 208 mit Os 7308 Plzeň hl.n. - Svojšín in Plzeň hl.n. (im Hintergrund steht 210 021)

Nach etwas Aufenthalt wird es Zeit für die Rückfahrt. Mit einem Nahverkehrszug und vermutlich wegen zwei Flachstellen rumpeln wir mit gefühlten 50 km/h wieder in Richtung Cheb. Sicherlich war die Geschwindigkeit höher, der Unterschied zum Schnellzug hinwärts war allerdings deutlich. Der Zug transportiert nur an die 20 Fahrgäste, wie es der Zufall will, haben wir einen halben Wagen allein für uns. In Pňovany stehen wir eine Weile - Zugkreuzung mit einem Gegenzug, gleichzeitig überholen wir einen Güterzug. Am Bahnsteig gegenüber steht ein 810 nach Bezdružice. Die Gelegenheit ist günstig für ein Bild durch das Fenster vom letzten Wagen, kein Meisterwerk, aber man bekommt einen guten Eindruck davon, was einen an der KBS 170 nun optisch so erwartet. Sehr typisch sind übrigens diese langen Rampen, die man auch an kleineren Bahnhöfen findet. Architektur- und Farbstil sind überall gleich.

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230 104 + 230 009 mit einem gemischten Güterzug nach Cheb in Pňovany

Weiter gehts. Da wir ein bißchen Verspätung haben, findet die nächste Zugkreuzung bereits wieder in Stříbro statt - der nächste Schnellzug nach Praha muß vorbei. Damit es auch noch etwas anderes als nur Eisenbahn zu sehen gibt, hier ein Bild von Stříbro, wie man die Stadt aus dem Zug sieht...

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Stříbro

Nach ein paar weiteren Kilometern endet unser Bummelzug in Svojšín, wegen der laufenden Bauarbeiten geht es nun bis Planá mit einem Dieseltriebwagen weiter. (Anmerkung: Aktuell ist die Strecke bis Anfang August zwischen Pavlovice und Planá voll gesperrt!) Aufsehen erregte auf dem nun folgenden Streckenstück der zeitweilige Einsatz des Plzeňer 831 187 in alter Lackierung, der seit Jahreswechsel immer wieder auf dieser Strecke angetroffen werden konnte. Schon auf der Hinfahrt konnte jedoch bei der Einfahrt in Svojšín festgestellt werden: das wird heute nichts mit der Nähmaschine. Ein 842 brachte uns nach Planá. An und für sich war ich nicht allzu unglücklich damit, sind die 842er doch recht komfortable und gemütliche Triebwagen. Hier steht der Triebwagen in Planá...

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842 006 als Os 7339 Planá u Mariánských Lázní - Svojšín in Planá u Mariánských Lázní

Von Planá bis Cheb fahren wir nun wieder elektrisch, 242 212 zieht einen der typischen Drei-Nahverkehrswagen-Züge. In Lázně Kynžvart findet noch eine Zugkreuzung mit einem Güterzug statt, hier konnte noch 240 053 als absetzende Schiebelok gesichtet werden. In der hereinbrechenden Abenddämmerung erreichen wir Cheb, von wo uns ein Vogtlandbahn-Desiro wieder nach Deutschland bringen wird. Während der Aufenthaltszeit röhrte plötzlich lautstark eine Diesellok über den ganzen Bahnhof. Da die polnische SU46 ausgeschlossen werden konnte und eine 742 oder gar 750 eigentlich nicht sooo laut ist, gehe ich mal nachsehen. Eine 233, was sonst... #-) Ein Bild ist mir die Sache dennoch wert, DB-Loks fuzzt man im Ausland nicht so häufig. Man beachte auch das in Tschechien gültige Zweilicht-Spitzensignal.

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233 622 mit einem Zug leerer Autotransportwagen aus Richtung Marktredwitz in Cheb

Für den Abschluß der Tour fand sich noch ein kleines Highlight: 363 086 - Werbelok für die tschechische Postsparkasse - war wieder einmal als Zuglok des "EXCELSIOR" zu sehen. Interessant ist hier auch der blau-weiße CD-Schlafwagen mit den gesickten Seitenwänden direkt hinter der Lok (52 54 70-40 168-4 WLAB), der ab Praha als Kurswagen mit dem EN 477 "METROPOL" Berlin - Budapest über Bratislava nach Banská Bystrica laufen wird.

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363 086 (Poštovní spořitelna) mit R 441 "EXCELSIOR" Cheb - Košice (SK) in Cheb

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